Die Beziehung zwischen uns und unseren Kundinnen hat immer irgendwie mit Liebe zu tun. Das heißt: Sie kann genauso erfüllend wie toxisch sein.
Die Kollegin war dann zwei Tage weniger fröhlich. Nach der vierten Feedbackrunde, die schlussendlich aus ihrem journalistischen Text einen weichgespülten Marketingwisch gemacht hatte, lautete das finale Feedback zudem: zu glatt, zu werblich. „So macht das keinen Spaß“, hat unsere Kollegin gesagt. „So macht das keinen Spaß“, haben wir der Leider-nein-Kundin gesagt. Coitus interruptus, aber hallo!
Ja: Wir wollen immer Neukundinnen an Land ziehen. Jede Woche. Jeden Tag. Wir wollen unseren Umsatz steigern, wir wollen Jobs schaffen, wir wollen als Firma wachsen. Unter anderem deshalb schreiben wir etwa Blogbeiträge wie diesen. Um auf uns aufmerksam zu machen. Es liegt in der Sache des Unternehmerinnentums, vorankommen zu wollen. Und wir wollen auch mit jeder Kundin unseren Horizont erweitern. Besser werden. Wachsen eben. In allen möglichen Facetten und in alle möglichen Richtungen. Was wir aber vor allem wollen: Wir wollen Freude dabei haben!
Warum leben wir in zwei Zeitzonen?
Das ist ein Aspekt, der nach wie vor in unserer Arbeitswelt nur bedingt verstanden, akzeptiert wird. Viel zu oft teilen wir unser tägliches Leben in zwei Zeitzonen: die Arbeitszeit, die Freizeit. Und meinen damit, die eine muss halt sein, die andere soll bitte mehr sein. Und dann gibt es die andere Fraktion, die uns glauben machen will, es ist alles immer supersuper. Da sehen wir uns dann gern mit Stehsätzen konfrontiert: „Ich hab’ mein Hobby zum Beruf gemacht!“ oder „Mein Job ist nicht Beruf, er ist Berufung!“ Stopp! Das ist doch bloß wichtigtuerisches Geschwafel, klingt irgendwie nach Brainwashing und Nachgeplapper.
Denn die Sache mit der Freude an der Arbeit ist weit diffiziler, als dass man sie in einen Satz gießen könnte. Eben dieser Umstand wird uns in unserem kleinen, aber hoffentlich über weite Strecken fröhlichen Agenturleben besonders bewusst, wenn solche Kundin-Agentur-Probleme wie eingangs geschildert auftauchen. Kommen wir kurz darauf zurück: Unsere Kollegin mag ihren Beruf. Sie schreibt nicht nur gern, sie befasst sich grundsätzlich seit Jahren mit den Mechanismen der Kommunikation. Weil es sie interessiert. Dennoch hat ihr die sehr kurze Zusammenarbeit mit eben dieser Kundin keine Freude bereitet. Sie war für sie Belastung. Obwohl ihr der Beruf Freude bereitet.
Lieber eine komplexe Beziehung als ein einfaches Verhältnis
Vor allem aus diesem Grund haben wir als Agentur die Kundin gebeten, sich eine andere Agentur zu suchen. Wir haben das auch transparent kommuniziert – sinngemäß etwa so: Wenn etwas von Anfang an so große Probleme bereitet, wird es aus unserer Erfahrung nicht besser. Manchmal liegen die jeweiligen Ideen einfach zu weit voneinander entfernt, als dass man sie überbrücken könnte. Da kann niemand etwas dafür, aber man muss es einsehen.
Wir sind heute davon überzeugt, dass es zwischen unseren Kundinnen und uns als Agentur kein „Verhältnis“ gibt, sondern immer eine „Beziehung“ geben muss. Ein Miteinander, das auf den gleichen Säulen aufbaut wie jede andere zwischenmenschliche Beziehung auch: ähnliche Vorstellungen, ähnliche Zugänge, ähnlicher Humor, ähnliche Visionen, Augenhöhe, Respekt, grundsätzliches Wohlwollen – und transparente, ehrliche Kommunikation.
Friede, Freude, Eierkuchen? So einfach geht’s auch nicht
„Das war Liebe auf den ersten Blick“, sagen wir intern sogar über die meisten unserer langjährigen Kundinnen. Viele lernen wir zu lieben, aber alle mögen wir wirklich gern. Wir mögen deren Produkte, deren Mitarbeiterinnen. Wir mögen deren Chefinnen, deren Ideen und Philosophien. Das bedeutet im Umkehrschluss jetzt übrigens nicht, dass wir stets in rosa Zuckerwatte gepackt von Kundinnentermin zu Kundinnentermin taumeln und rote Herzerln auf unsere Rechnungen malen.
Es bedeutet vielmehr, dass wir mit unseren Kundinnen gerne in den Diskurs gehen. Dass wir gerne mit ihnen mitdenken – auch über das vereinbarte Aufgabengebiet hinaus. Es bedeutet, dass wir streiten, wenn es denn etwas zu streiten gibt. Und dass wir uns über manche Projekte sehr freuen und bei anderen wissen, dass sie einfach dazugehören. Gemacht gehören.
Manchmal ist ein Coitus Interruptus einfach besser
Es bedeutet vor allem aber, dass unsere Arbeit der Kundin Freude macht. Weil wir Freude bei der Arbeit haben. Und gerade, wenn man in der Kommunikation für andere Unternehmen tätig ist, so wie wir es sind, dann kann der Funke zu den Kundinnen unserer Kundinnen nur dann überspringen, wenn Spaß im Spiel ist. Denn: Kommunikation folgt keinen mathematischen Formeln. Sie ist etwas Feinstoffliches. Sie ist etwas, das man oft mehr spürt als benennt. Irgendwie muss einfach immer eine gehörige Portion Liebe im Spiel sein, sonst hat niemand etwas davon.